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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 07.09.2023:

Lernangebote für Erwachsene

Weltalphabetisierungstag macht auf funktionalen Analphabetismus aufmerksam
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: BMBF/Peter Ziegner

Am 8. September findet der Weltalphabetisierungstag statt, mit dem die UNESCO jährlich auf das globale Bildungsthema geringer Lese- und Schreibkompetenzen bei Erwachsenen aufmerksam macht. Weltweit können über 750 Millionen Menschen nicht lesen und schreiben. Allein in Deutschland sind es rund 6,2 Millionen Erwachsene. Doch es gibt viele Lernangebote, die Betroffenen helfen, sowie Informationskampagnen, die auf das Thema aufmerksam machen.


Wer Probleme beim Lesen und Schreiben hat und wem es schwerfällt, eine Bedienungsanleitung, einen Medikamenten-Beipackzettel oder Fahrpläne zu verstehen bzw. E-Mails und Briefe zu verfassen, für den ist jeder Tag eine Herausforderung. Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten versuchen meist, Situationen zu vermeiden, in denen sie lesen und schreiben müssen, und entwickeln mit viel Kraft und Kreativität Strategien, damit es anderen in der Schule, am Arbeitsplatz, beim Einkaufen, beim Arzt und auch im Familien- und Freundeskreis nicht auffällt. Rund 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Zu diesem Ergebnis kam die LEO-Studie der Universität zu Hamburg im Jahr 2018. Dabei sind die Fähigkeiten, die jemand beim Lesen und Schreiben hat, unterschiedlich: Manchen fällt es schwer, einzelne Buchstaben zu erkennen, andere können zwar einzelne Wörter beim Lesen verstehen, müssen sie aber Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen. Und wieder andere können einzelne Sätze lesen oder schreiben, sind aber nicht in der Lage, zusammenhängende Texte zu begreifen oder zu verfassen. Auch die Ursachen für diesen sogenannten funktionalen Analphabetismus können recht verschieden sein: Betroffene wurden in der Schule und im Elternhaus nicht ausreichend gefördert, sind in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, oft umgezogen, haben gesundheitliche Einschränkungen wie Seh- oder Hörprobleme oder waren längere Zeit krank. Wer das Lesen und Schreiben in den ersten Schuljahren nicht richtig gelernt hat, kann es im weiteren Schulverlauf kaum nachholen. Weiterführende Schulen bieten hierfür selten Angebote.

Wo kann man als Erwachsener lesen und schreiben lernen?
Doch es gibt Angebote für Erwachsene. Expert*innen vom Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung e.V. informieren über das ALFA-Telefon unter der Nummer 0800 53 33 44 55 über passende Lernangebote und Selbsthilfegruppen in der jeweiligen Region und vermitteln Ansprechpersonen vor Ort. Seit seiner Einführung 1995 hat sich das ALFA-Telefon als Beratungsnummer und Anlaufstelle für Menschen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten bundesweit etabliert. Alle Lernanbieter mit Kursangeboten für gering literalisierte Erwachsene können sich für die Kurssuche registrieren, damit das ALFA-Telefon an sie verweisen kann. Auch die Website Alfa-Telefon-Suche informiert in einfacher Sprache und in wenigen Schritten über Lernangebote. Zu diesen gehören VHS-Kurse in den rund 900 Volkshochschulen in Deutschland, wo man in kleinen Gruppen zusammen mit anderen Erwachsenen lesen, schreiben und rechnen lernen kann, aber auch niedrigschwellige Lerntreffs in Lerncafés, Mehrgenerationenhäusern oder Selbsthilfegruppen. In der Kursdatenbank des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung e.V. sind alle Angebote zusammengefasst.

Die AlphaDekade

Im Zeitraum von 2016 bis 2026 setzen sich Bund, Länder und Partner mit der Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung (AlphaDekade) verstärkt dafür ein, die Lese- und Schreibfähigkeiten sowie das Grundbildungsniveau Erwachsener in Deutschland zu verbessern. Im Rahmen der AlphaDekade fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die auf der Grundlage von bisherigen Förderaktivitäten neue Handlungskonzepte für die Praxis entwickeln und erproben, um Erwachsene mit Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben zu unterstützen. Nur knapp ein Prozent der Betroffenen nehmen Angebote zum Lesen- und Schreibenlernen wahr. Die meisten finden Lesen für ihren Alltag nicht wichtig, sondern verstehen es als Tätigkeit einer Bildungselite. Zu diesem Ergebnis kommt die MOVE-Studie der Stiftung Lesen, die das BMBF im Rahmen der AlphaDekade gefördert hat. Die Studie MOVE (Motivation und Verbindlichkeit im Alltag formal gering gebildeter Erwachsener) hat 534 formal gering Gebildete ab 16 Jahren befragt und den Alltag und die Perspektiven von Erwachsenen, die nicht gut lesen und schreiben können, betrachtet. Demnach finden nur 13 Prozent der gering Gebildeten eine gute, vielseitige Bildung wichtig. 34 Prozent stimmen der Aussage zu, Lesen sei etwas „für gebildete Leute“.

Die Öffentlichkeit aufmerksam machen

Die Informationskampagne „Lesen & Schreiben - Mein Schlüssel zur Welt“ des Bundesbildungsministeriums sensibilisiert die Öffentlichkeit für Lese- und Schreibschwierigkeiten Erwachsener, informiert über Lern- und Beratungsangebote und gibt Tipps, wie betroffene Personen unterstützt werden können. Im Fokus der Kampagne stehen Erwachsene, die mit ihren persönlichen Geschichten deutlich machen, wie viel besser ihr Leben wird, wenn sie lesen und schreiben können: Sie können ihren Kindern abends vorlesen und ihnen bei den Hausaufgaben helfen, sie kommen auch beruflich weiter und bekommen ein gesteigertes Selbstwertgefühl. Anlässlich des Weltalphabetisierungstages 2023 geben drei Lesebotschafter*innen der Stiftung Lesen - Bülent Ceylan, Sally und Jochen Schropp - unter dem Motto „Was bringt mir Lesen?“ in kurzen Spots Einblick in den Alltag von Menschen, die nicht lesen und schreiben können und machen deutlich, wie schwierig diese Situationen für die Beteiligten im Alltag sind. Auch rufen sie Eltern dazu auf, ihren Kindern regelmäßig vorzulesen, damit sie leichter lesen lernen.

Anlässlich des Weltalphabetisierungstages am 8. September finden bundesweit eine ganze Reihe von Veranstaltungen und Aktionen statt, um das Thema ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Auf der Aktionslandkarte des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung e.V. sind zahlreiche Veranstaltungen von Grundbildungsanbietern aus ganz Deutschland rund um den Weltalphabetisierungstag erfasst.




Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 07.09.2023
© Innovationsportal

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