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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 15.06.2023:

„Das Kooperationsjahr ist ein Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der Bildungschancen.“

Kita und Grundschule bereiten Kinder im Saarland gemeinsam auf die Schule vor
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: von Rosy Ziegler über Pixabay

Im Kooperationsjahr „Kindergarten-Grundschule“ im Saarland werden Kinder des letzten Kindergartenjahres gemeinsam von Erzieher*innen und Lehrer*innen auf die Herausforderungen der Schule vorbereitet. Das Kooperationsjahr ist im Schuljahr 2010/2011 mit 20 Grundschulen und 58 Kindergärten gestartet und wurde zum Schuljahr 2016/2017 flächendeckend eingeführt. Es trägt zur positiven schulischen Entwicklung der Kinder und zur Anschlussfähigkeit von Kindergarten und Grundschule bei.


Der Übergang von der Kindertageseinrichtung (Kita) in die Grundschule ist für jedes Kind eine besondere Herausforderung. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Kita, Grundschule und Eltern ist wichtig, um den Kindern die Unsicherheit vor der neuen Situation zu nehmen, am bisherigen Bildungsverlauf anzuknüpfen und einen gelungenen Übergang zu ermöglichen. Viele Grundschulen und Kitas bieten deshalb im letzten Kindergartenjahr gemeinsame Aktivitäten an, bei denen die zukünftigen Grundschulkinder zusammen mit ihren Erzieher*innen die Grundschule besuchen, am Unterricht teilnehmen, das Schulgebäude kennenlernen und erste Basiskompetenzen und Fertigkeiten erwerben.

Das Kooperationsjahr im Saarland
Im Saarland gibt es mit dem Kooperationsjahr „Kindergarten-Grundschule“ eine einzigartige systematische Zusammenarbeit beider Einrichtungen. Erzieher*innen und Lehrkräfte arbeiten im letzten Kindergartenjahr als Tandem eng zusammen und gestalten den Übergang von der Kita zur Grundschule ganz bewusst. So ermöglichen sie den Kindern einen individuellen und sicheren Übergang in die Grundschule und beeinflussen ihren Bildungsverlauf positiv. Das Kooperationsjahr ist ein Beitrag zur nachhaltigen Verbesserung der Bildungschancen sowie der Anschlussfähigkeit von Kindergarten und Grundschule. Durch die gemeinsame Begleitung der Kinder des letzten Kindergartenjahres durch die Erzieher*innen und Lehrkräfte, wird der Start in die Schule nicht als so großer Bruch gegenüber der bis dahin gewohnten Lebenswelt wahrgenommen. Das letzte Kitajahr wird vielmehr als kontinuierlicher Übergang in eine weitere Lebens- und Lernphase erlebt.

Gestartet ist das Programm im Schuljahr 2010/2011 als Modellprojekt mit 20 Grundschulen und 58 Kindertagesstätten. Diese erste Modellphase des Kooperationsjahres wurde durch einen Fachbeirat begleitet und ausgewertet. Die externe Evaluation übernahm die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung zeigten, dass sich die systematische Zusammenarbeit von Kindergarten, Grundschule und Elternhaus im letzten Kindergartenjahr positiv auf die Gestaltung des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule auswirkt. Aufgrund dieser Tatsache wurde das Kooperationsjahr jedes Jahr weiter ausgeweitet und schließlich zum Schuljahr 2016/17 flächendeckend eingeführt. Damit ist das Kooperationsjahr für alle Grundschulen im Saarland verpflichtend, für die Kindertageseinrichtungen bleibt es freiwillig. Der damalige Bildungsminister Ulrich Commerçon betonte: „Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule ist für die Kinder ein bedeutsamer Lebensabschnitt. Mit dem flächendeckenden Ausbau des Kooperationsjahres leisten wir einen Beitrag zur Stärkung der Persönlichkeit und für die Verbesserung der schulischen Entwicklung unserer Kinder.“

Im Tandem die Kinder fördern
Vorgesehen ist im Kooperationsjahr, dass Grundschullehrkräfte rund zwei Wochenstunden mit den pädagogischen Fachkräften der Kitas als Tandem zusammenarbeiten. Die Finanzierung erfolgt über die Bereitstellung von Lehrer*innenwochenstunden. Jeder Kooperationsgruppe werden seitens des Bildungsministeriums zwei Lehrer*innenwochenstunden zur Verfügung gestellt. Die Kindertagesstätten erhalten zusätzlich pro Gruppe eine Förderung für zwei Wochenstunden zusätzliche Arbeitszeit von Fachkräften. Die Tandems bauen auf den Bildungsprozessen des Elternhauses und des Kindergartens auf, planen gemeinsam Aktivitäten, Aufgaben und Spiele. Sie fördern so die Kompetenzen der künftigen Schulkinder und schaffen Voraussetzungen für ein erfolgreiches schulisches Lernen. An der Grundschule „An der Ill“ in Hüttigweiler beispielsweise besteht seit Beginn des Programms eine enge Kooperation mit den Kindergärten im Grundschuleinzugsbereich. Vor allem die räumliche Nähe der Grundschule zur Kita Hüttigweiler bietet ideale Voraussetzungen für das Projekt. Die Bildungs- und Erziehungsansätze der beteiligten Institutionen wurden so aufeinander abgestimmt, dass eine Kontinuität des kindlichen Bildungsweges erreicht wird. An ausgewählten Wochentagen findet ein Jahr lang ein „Schultag“ für die Kinder statt, die im kommenden Sommer eingeschult werden. Die Schulkinder „Schukis“ werden in dieser Zeit von den Erzieher*innen und Lehrer*innen gemeinsam begleitet. Im ersten Halbjahr findet die gemeinsame Zeit in der Kita statt. Die Lehrer*innen hospitieren zunächst, erfahren Ablauf, Rituale und Regeln der Kita. Ab Februar besuchen die Vorschulkinder dann mit ihren Erzieher*innen für den Zeitraum von zwei Stunden in der Woche die Schule. Sie lernen das Schulhaus kennen, die Schulturnhalle, den Schulhof und nehmen an der großen Pause teil. Die Vorschulkinder beschäftigen sich sowohl in der Kita als auch in der Schule (in einem eigenen Klassenraum), angeleitet durch die Lehrer*innen und Erzieher*innen, mit verschiedenen Lernbereichen, ohne dass der Stoffplan des 1. Schuljahres vorweggenommen wird. Dazu gehört besonders der Lernbereich Sprache. Die Kinder üben freies und angeleitetes Erzählen und (Zu)hören, sie lernen Buchstaben und Laute kennen. Im Bereich Mathematik werden die „Schukis“ spielerisch mit Zahlen, Zählen, Mengen und Strukturen vertraut gemacht. Sie erfahren auch geometrische Grundbegriffe wie Formen und Farben, Bauen und Legen. Manchmal führen sie Experimente zum Beispiel mit Wasser oder Luft durch und malen Bilder, Namen, Buchstaben, schneiden und falten Papier, um ihre Grob- und Feinmotorik zu verbessern. Auch Bewegung und Kreativität kommen nicht zu kurz: In der großen Turnhalle wird viel gesungen und geturnt. Indem sie mit ihren vertrauten Erzieher*innen die Schule, den Schultag und die Lehrer*innen als zukünftige Bezugsperson kennenlernen, entwickeln die Kinder eine positive Sicht auf die Schule. Sie gewöhnen sich an das Lernen in altershomogenen Gruppen, lernen zukünftige Mitschüler*innen kennen und erweitern ihre Sozialkompetenz.

Basis- und Bildungskompetenzen trainieren
Seit Beginn des Schuljahres 2016/17 befindet sich auch die Grundschule Saarbrücken-Rastpfuhl mit drei Kitas im Kooperationsjahr. Einmal pro Woche besuchen ein bis zwei Lehrer*innen für zwei Stunden die Kitas. Für die Arbeit in den Einrichtungen wurde von der Schule ein Programm für ein Schuljahr entwickelt. Das Erlernen von Strukturen und Ritualen schon vor Schulbeginn soll den Kindern den Einstieg ins Schulleben erleichtern. Es werden die Basiskompetenzen Wahrnehmung, Motorik und Sprache trainiert. Anschlussfähige Bildungskompetenzen wie schriftsprachliche Voraussetzungen, mathematische Fähigkeiten und Allgemeinwissen werden in diesem Jahr weiterentwickelt und Schlüsselkompetenzen wie das Ich- und das Wir-Bewusstsein gestärkt. In der ersten Hälfte des Schuljahres findet eine Förderung in den Bereichen Gefühle und Empathie sowie in den mathematischen und sprachlichen Bereichen statt. In der zweiten Hälfte des Schuljahres gibt es unterschiedliche Projekte an der Grundschule Saarbrücken-Rastpfuhl. Die Kinder erhalten eine Einführung in die Arbeit im PC-Raum, machen eine Schulhausrallye und nehmen am Musikzirkel und Kunstprojekten teil. Sie lernen die Klassenräume kennen, partizipieren am regulären Unterricht, nutzen die Schulbücherei und können zu Festen kommen. Maskotchen, wie Mirola, die kleine Hexe, und die Handpuppe Wuppi begleiten die Kinder spielerisch durch das gesamte Jahr. Mirola ist 100 Jahre alt und möchte endlich lesen lernen. Im Gruppenspiel werden die Kinder zu Akteur*innen, die Mirola helfen, in die Schule zu kommen. Der Klassenraum wird zum Zauberwald, wo sie auf verschiedene Bewohner*innen treffen, die unterschiedliche Anforderungen an die Kinder stellen: Sie sollen Reime finden, Bewegungsabläufe nachmachen oder Sprichwörter sprechen. Motorische Aufgaben wechseln sich mit Konzentrationsaufgaben ab, auf Anspannungs- folgen Entspannungsphasen, auf Gruppenaufgaben Einzelaufgaben. Mit der Handpuppe Wuppi vom Planeten Wupp üben sie das Sprechen und Hören von Lauten und Silben. Und im Zahlenland wird ihr Zahlenbewusstsein gestärkt und sie sammeln erste Erfahrungen im mathematischen Bereich.

Eltern einbeziehen
Mit dem Kooperationsjahr im Saarland werden die Kinder behutsam an den neuen Lebensabschnitt Schule herangeführt. In dieser Zeit fassen sie Vertrauen zu der neuen Einrichtung. Das Einüben von Basis- und Bildungskompetenzen erleichtert ihnen den Einstieg in den Schulalltag. Das Kennenlernen der zukünftigen Umgebung verleiht ihnen Selbstvertrauen und Stabilität. Je besser der Start in die Schule gelingt, desto besser sind die Erfolgsaussichten auf einen guten Bildungsverlauf.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Kooperationsjahrs ist der regelmäßige Austausch mit den Eltern. Auch auf die Eltern eines zukünftigen Schulkindes kommen neue Anforderungen zu. Deshalb erhalten sie von den Tandems im Kooperationsjahr eine umfassende Unterstützung in Form von Elternbriefen, Informationsabenden, individuellen Beratungs- und Entwicklungsgesprächen oder auch Hilfe bei Antragstellungen.

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 15.06.2023
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