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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 02.10.2019:

„Wir wollen OER-Materialien verschiedener Anbieter bündeln, damit Lehrerinnen und Lehrer sie schneller finden.“

Das Portal OER.schule bietet freie Bildungsmaterialien
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: Dr. Susanne Friz

Das Portal OER.schule, das freie Lehr- und Lernmaterialien für Lehrkräfte bündelt, ist Anfang des Jahres 2019 online gegangen. Die Online-Redaktion von „Bildung + Innovation“ sprach mit Dr. Susanne Friz, Referentin für Mediendienste und Projekte am FWU Institut für Film und Bild in München, über die Inhalte des Portals und darüber, welche Vorteile „Open Educational Resources“ (OER) - freie Bildungsmaterialien - für Lehrerinnen und Lehrer haben.


Online-Redaktion: Wie kamen Sie auf die Idee, das Portal OER.schule zu gründen?

Friz: Die Idee dazu hat sich 2018 in Gesprächen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus entwickelt. Das FWU hatte zu der Zeit ein kleines OER-Portal, in dem es Metadaten zu OER-Materialien gesammelt hat. Wir haben überlegt, wie Lehrerinnen und Lehrer, die bei dem ausschließlich für bayerische Lehrkräfte über Anmeldung zugängigen Medienportal mebis eigene Moodle-Kurse für verschiedene Fächer (sogenannte teachSHARE-Kurse) hochladen, diese auch Lehrkräften in anderen Bundesländern zur Verfügung stellen könnten, wenn sie das möchten. Die Idee war, dass Lehrerinnen und Lehrer ihre Kurse als OER markieren könnten, die dann automatisch von unserem Portal übernommen würden. Um dies umsetzen zu können, bekamen wir vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Förderung und konnten unser Portal weiter ausbauen, d.h. mehr Materialien erschließen und einen Relaunch durchführen, der es attraktiver und leichter bedienbar machte. Daraus entstand das Portal OER.schule.

Online-Redaktion: Was war das Ziel von OER.schule?

Friz: Mit OER.schule wollten wir ein Portal schaffen, auf dem OER-Materialien verschiedener Anbieter gebündelt werden, damit Lehrerinnen und Lehrer sie schneller finden. Die Auffindbarkeit guter OER-Materialien ist eins der Hauptprobleme der Lehrkräfte. Es gibt zwar eine Menge Portale, und viele Lehrkräfte kennen sicher auch schon einige, aber oft sind sie auf bestimmte Fächer ausgerichtet, so dass die Lehrer/innen zwischen den Portalen wechseln müssen. Deshalb haben wir auf unserem Portal OER-Materialien von mehreren Anbietern, wie der Siemens Stiftung, der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb), wikimedia, wikipedia u.a., zu vielfältigen Themen und Fächern erschlossen.

Online-Redaktion:
Hatte das FWU schon vorher Erfahrung mit OER?

Friz: Wir haben ab 2016 das Projekt LOERn betreut und haben uns seitdem immer wieder mit dem Thema freie Bildungsmaterialien befasst. Das Projekt „LOERn - Lehrerfortbildung durch Nutzung und Produktion von OER-Materialien“ wurde für eineinhalb Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der OERinfo-Förderlinie gefördert. Wir haben es zusammen mit der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen durchgeführt, was sehr schön war, da wir dort die Möglichkeit hatten, Workshops und Veranstaltungen zu OER anzubieten, und natürlich auch auf die Kompetenzen der Referenten in Dillingen zurückgreifen konnten.

Online-Redaktion: Welche Inhalte hatte das Projekt LOERn, und welche Ergebnisse sind entstanden?

Friz: Zum einen ging es uns um die Fortbildung von Multiplikator/inn/en zum Thema OER. Diese sind sehr wichtig, denn sie können in ihren Schulen weitere Lehrer und Lehrerinnen über OER informieren. Wir haben uns ein länderübergreifendes Praxiskonzept überlegt und drei kleine Erklärfilme erstellt - OER-kompakt -, die darüber informieren, was OER sind, wie man sie nutzt, erstellt und teilt. Die Filme sind auch auf OER.schule und YouTube zu sehen. Mit diesen Materialien haben wir rund 40 Veranstaltungen in Dillingen und auch an anderen Standorten mit ca. 870 Multiplikatoren - medienpädagogische und informationstechnische Berater, Schulleiter u.a. - durchgeführt.

Zum anderen gab es eine Gruppe von Lehrern und Lehrerinnen, die über 50 Moodle-Kurse für verschiedene Fächer und Schularten erstellt hat, die unter einer CC-Lizenz (CC, BY-SA) stehen, sowie weitere Materialien, wie Linklisten zu Tools und Unterrichtsmaterialien, die man auf der Seite loern.sodis.de. findet.

Online-Redaktion:
Die OER-Materialien aus dem Projekt LOERn wurden in OER.schule aufgenommen. Zu welchen Themen wurden die Moodle-Kurse erstellt, und wie kann man sie im Unterricht einsetzen?

Friz: Es gibt Moodle-Kurse zu sehr unterschiedlichen Themen, wie zum Zeitalter des Absolutismus, zu Cybermobbing oder Selbstlernkurse für den Englischunterricht, aber auch sogenannte Kurse zum flipped classroom, d.h. zum „umgedrehten Unterricht“. Hier bekommen die Schüler/innen Material, das sie zu Hause vorbereiten, und die Übungsphase findet dann im Unterricht statt. Bei den meisten Kursen gibt es Lehrerinformationen dazu, wie sie im Unterricht eingesetzt werden können.

Online-Redaktion: Welche Angebote enthält die Seite OER.schule darüber hinaus, und wie können diese die Lehrkräfte bei ihrem Unterricht und ihrer Unterrichtsvorbereitung unterstützen?

Friz: Wir haben mittlerweile über 4.000 Materialien unterschiedlicher Anbieter erschlossen und sie mit Metadaten versehen, sodass die Lehrer sich vorab darüber informieren können, welche Inhalte und welche Lizenz die Materialien haben, für welche Jahrgangsstufe sie sind etc. Zu bestimmten Themen haben wir Sammlungen angelegt. Mit der erweiterten Suchfunktion können Lehrerinnen und Lehrer die Inhalte nach Bildungsbereich, Jahrgangsstufe, Fächern, Lizenz und Medienart filtern. Dazu kommen regelmäßig neue teachSHARE-Kurse aus dem Portal mebis, die die bayerischen Lehrkräfte als OER freigeben und die dann bundesweit einsetzbar sind. Außerdem gibt es nützliche Hintergrundinformationen darüber, was freie Bildungsmaterialien sind und wie man sie nutzen kann, sowie eine große Liste an Werkzeugen, an digitalen Tools, mit denen man Materialien, zum Beispiel Arbeitsblätter, erstellen kann. Das sind Tools, die im Internet frei zur Verfügung stehen.

Online-Redaktion: Welche Vorteile haben freie Bildungsmaterialien für Lehrkräfte?

Friz: Die Vorteile sind wie bei allen digitalen Medien - meistens liegen die freien Bildungsmaterialien eben auch digital vor -, dass sie leicht zugänglich und frei verfügbar sind. Man kann sie unmittelbar im Unterricht einsetzen. In den meisten Fällen haben sie eine so genannte Creative-Common-Lizenz, die es ermöglicht, die Materialien auch zu ändern, an den eigenen Unterricht anzupassen und auch anderen Lehrerinnen und Lehrern zur Verfügung zu stellen. Das ist ein großer Mehrwert für die Lehrkräfte. Außerdem können die Lehrerinnen und Lehrer mit den Schülern zusammen an Materialien arbeiten, was gerade in beruflichen Schulen oft gemacht wird.

Online-Redaktion: Gibt es auch Schwierigkeiten zu überwinden?

Friz: Ja, die Schwierigkeiten muss man auch ganz klar sehen. Es ist eine gewisse Einarbeitung nötig, und die Lehrkräfte müssen sich mit den Lizenzen auskennen, damit sie wissen, welche Lizenz sie welchem Material geben dürfen. Ein weiteres Problem ist, dass die technische Ausstattung, die man braucht, um Tools und Programme einzusetzen, nicht an allen Schulen gegeben ist. Das wird sich jetzt vielleicht durch den DigitalPakt Schule etwas verbessern. Und auch im Kollegium gibt es unterschiedliche Voraussetzungen. Einige Lehrer sind schon sehr weit, was das Bearbeiten von digitalen Medien angeht, andere müssen sich erst hineinarbeiten. Aber wenn sie sich erst einmal auskennen, sind sie meist begeistert. Gerade der Umstand, dass die Materialien weitergenutzt und angepasst werden können, kommt bei vielen sehr gut an.

Online-Redaktion: Wie wird denn das Portal OER.schule von den Lehrkräften angenommen?

Friz: Sehr gut. Wir waren sehr erstaunt, wie schnell das ging. Auf unserem Twitter-Account @oer_schule kam sehr positive Resonanz auch an Ideen, was wir noch an Werkzeugen aufnehmen können. Auf der Webseite der Informationsstelle OER gibt es bereits einen Blogbeitrag über uns, und auch andere Webseiten haben schon auf uns verwiesen. Natürlich dauert es immer, bis neue Portale bekannter werden, aber es wird schon sehr gut angenommen.

Online-Redaktion: Haben Sie den Eindruck, dass OER bei Lehrkräften heute bekannter sind als noch vor ein paar Jahren?

Friz: Als wir mit LOERn im Jahr 2016 angefangen haben, war es bei den meisten Lehrerinnen und Lehrern wirklich noch sehr unbekannt. Mittlerweile merken wir in unseren Fortbildungen, dass immer mehr Lehrkräfte dabei sind, die schon wissen, was OER sind, und die sich noch weiter informieren möchten. Wir werden auch immer häufiger zu Workshops und Lehrerfortbildungen eingeladen, wo ein starkes Interesse an OER besteht. Das FWU ist auch bei der Informationsstelle OER als Transferpartner dabei. Die Informationsstelle OER (OERinfo) hält alle wichtigen Informationen zu OER bereit. Wir betreuen den Bereich Schule, geben Workshops, in denen wir über „OER an Schulen“ informieren, und auch diese werden wirklich sehr gut angenommen. Man merkt, dass es jetzt eine Community an den Schulen gibt, die begeistert ist, stärker als wir das am Anfang erhofft haben, die Ideen hat und die auch die Idee des Teilens sehr gut findet. Ich glaube, dass sich OER in Zukunft immer mehr durchsetzen werden.

Online-Redaktion: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Friz: Natürlich werden wir unsere Materialien und Werkzeuglisten auf OER.schule regelmäßig erweitern. Außerdem kooperieren wir mit anderen Bundesländern und wollen auch deren Unterrichtsbausteine aufnehmen. Es laufen verschiedene Gespräche dazu. Und wir überlegen, eine Upload-Funktion für Lehrer/innen zu installieren, damit sie ihre eigenen Sachen bei uns hochladen können. Bislang erschließt ausschließlich die Redaktion von OER.schule neue Materialien. Aber bevor wir das realisieren, müssen wir uns noch über die technische und organisatorische Umsetzung verständigen. Dazu braucht man eine Redaktionsgruppe, die die hochgeladenen Materialien kontrolliert und u.a. überprüft, ob die Lizenzen stimmen.



Dr. Susanne Friz studierte Germanistik und Anglistik an den Universitäten in Mainz und München und promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München am Institut für Englische Didaktik. 1991 begann sie beim Langenscheidt-Longman Verlag als Redakteurin von Schulbüchern für den Englischunterricht. Seit 1993 arbeitet sie für das FWU Institut für Film und Bild als Referentin für Neue Medien und Medienentwicklung. Sie betreut außerdem als Projektleiterin verschiedene Projekte - sowohl nationale vom BMBF als auch internationale von der EU.
E-Mail für Rückmeldungen: oer@fwu.de


Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 02.10.2019
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